Kurzer geschichtlicher Abriss
von Hans Kornprobst
Pfalzgraf Otto IV. von Wittelsbach gründete im Jahr 1120 das Augustiner Chorherren Stift Indersdorf, im Auftrag des Papstes Calixtus II. aus Sühne für die Teilnahme am Italienzug Kaiser Heinrichs V..1126 besiedelten die ersten Kanoniker aus Marbach im Elsaß das Kloster; zwei Jahre später wurde von Erzbischof Konrad von Salzburg die erste Kirche zu Ehren der Gottesmutter und der Apostelfürsten Petrus und Paulus geweiht.
1130 übergab Otto von Indersdorf, der letzte Ortsadelige, seinen Besitz dem Stift, und schuf damit zusammen mit den Wittelsbachern und weiteren Adeligen aus der Umgebung die wirtschaftliche Grundlage für dessen jahrhundertelanges Bestehen. Sieben pfalzgräfliche Wittelsbacher sind im Bereich der heutigen Klostermauern bestattet, und so zählt Indersdorf neben Scheyern und Ensdorf zu den frühen Hausklöstern der Wittelsbacher.
Nach dem großen Brand 1249 wurden Kirche und Klosteranlage neu aufgebaut. Die Kirche errichtete man als dreischiffige romanische Basilika ohne Querschiff mit drei Apsiden in etwa gleicher Höhe mit einer flachen Holzdecke und dem Nordturm. Unter dem heutigen Rokokokleid verbergen sich immer noch die Grundmauern dieser Basilika. Eine erste Blütezeit erreichte das Stift unter Propst Konrad II. (reg. 1306-1355), der als Berater Kaiser Ludwig IV., dem Bayern, zur Seite stand. Berühmt wurde das Stift im 15. Jahrhundert unter den Pröpsten Erhard Prunner (reg. 1412-1442) und Johannes Rothuet (reg. 1442-1470), sie führten das Stift in eine Phase von hoher kirchengeschichtlicher Bedeutung.
Von Indersdorf aus, es galt damals als Musterkloster, reformierten sie im Rahmen der Raudnitz-Indersdorfer Klosterreform mit Hilfe der bayerischen Herzöge über 24 Klöster in Bayern und darüber hinaus, und sorgten dafür, dass nach einer Periode des allgemeinen Verfalls, die Ordensregeln wieder streng beachtet wurden. In diese Zeit fällt auch die Einwölbung der Stiftskirche mit gotischen Kreuzgewölben, der Bau von Rosenkranzkapelle und Südturm. Mit seinen Traktaten, den Fürstenlehren und Tischlesungen für Herzog Albrecht III., den Frommen, von Bayern-München ging Propst Rothuet als Johannes von Indersdorf in die bayerische Literaturgeschichte ein. Das hohe Niveau konnte im 16. Jahrhundert nicht gehalten werden, das Stift erhielt nun zeitweise selbst Hilfe von außen. Der 30-jährige Krieg brachte Plünderungen (1632, 1634, 1646 und 1648) und damit einhergehend erhebliche Verluste in wirtschaftlicher und personeller Hinsicht auch bei den Untertanen.
Nach einer Phase der Konsolidierung begannen unter Propst Georg I. Mall (reg. 1673-1693) die ersten barocken Baumaßnahmen (Annakapelle, Sakristei und östliches Altarhaus). Sein Nachfolger Dominikus Vent (reg. 1693-1704) ließ einen Flügel der Stiftsanlage abbrechen und den neuen Konventbau mit dem östlichen Innenhof sowie die beiden Refektorien errichten, Neuausstattung und Neueinrichtung von Kirche und Kloster folgten unter seinen Nachfolgern. Wie kein anderer verkörperte Propst Gelasius Morhart (reg. 1748-1768) den klassischen Barockprälaten. Er veranlasste den Bau der Sakristei und die Umgestaltung von Kirche und Kloster im Stil des Rokoko. Hierzu beauftragte er den Augsburger Akademiedirektor und Freskomaler Matthäus Günther und dessen Schüler Johann Georg Dieffenbrunner sowie den Wessobrunner Stukkateur Franz Xaver Feichtmeier d. Ä.
Die von ihm veröffentlichte Stiftschronik mit 15 Kupferstichen zählt zu den vornehmsten der Zeit. Neben der Errichtung einer physikalisch-mathematischen Instrumentensammlung mit 92 Versuchsgeräten, war er auch für den Bau der Sternwarte auf dem nördlichen Torturm verantwortlich.
Überregionale Bedeutung erlangte der Chorherr Augustinus Michel in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts auf dem Gebiet des Kirchenrechts. Als geistlicher Rat dreier Reichsfürsten brachte er zahlreiche Bücher zum Thema heraus, dazu auch eine deutsche Predigtsammlung. Auf naturwissenschaftlichem Gebiet ist der Chorherr Augustinus Torborch zu nennen. Er war Mitglied bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften und veröffentlichte z. B. 1775 eine wissenschaftliche Abhandlung über die Berechnung der Kegelschnitte in der Akademiezeitschrift. Unter den Nachfolgern von Gelasius Morhart stieg die Verschuldung aufgrund mehrerer Unglücksfälle und schlechter Wirtschaftsführung erheblich, was aber nicht zur Überschuldung des Stifts führte. Unter diesem Vorwand jedoch, das Stift war wegen einer Baumaßnahme gerade nicht besonders liquide, wurde das Stift 1783 auf Betreiben des Kurfürsten Karl Theodor aus politischen Gründen aufgeboben. Den reichen Besitz hat man dem Kollegiatstift U. L. Frau in München übergeben, zur Finanzierung eines geplanten Hofbistums. Es zog den wirtschaftlichen Nutzen aus den Besitzungen, und wurde 1803 mit dem Indersdorfer Vermögen säkularisiert.
Die Konventgebäude bezogen 1784 die Salesianerinnern aus München. Ein Teil der Chorherren wurde im Priesterhaus, den heutigen Pfarrhof zusammen gepfercht, und betrieb weiterhin die Seelsorge für die Umgebung. Die Aufhebung bereits 20 Jahre vor dem großen Sturm auf Bayerns Klöster brachte den Vorteil, dass heute wesentlich mehr aus der Klosterzeit vorhanden ist als anderswo. So blieb der Gebäudebestand bis auf den südlichen Torturm, den Sommerbierkeller und einen Teil des landwirtschaftlichen Wirtschaftshofs erhalten, präsentiert sich im neu renovierten Zustand, und ist so für die nächsten Generationen gesichert.
Indersdorf zählt somit zu den wenigen fast vollständig erhaltenen Klosteranlagen Altbayerns. Die Salesianerinnen betrieben sehr erfolgreich eine Arbeitsschule für die Mädchen der Umgebung, eine Landschule und ein Institut mit Pensionat für Mädchen des Adels und der höheren Bürgerschichten, gingen aber 1831 nach Dietramszell.
1856 kamen die barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul aus München und errichteten eine Bewahranstalt für arme und verwaiste Kinder, die 1910 mit 410 Zöglingen einen Höchsstand erreichte. 1938 mussten die Schwestern den Nationalsozialisten weichen.
1945 folgten Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen, die Kinder betreuten, die ihre Eltern im Krieg und in den Vernichtungslagern verloren hatten. 1948 kehrten die Barmherzigen Schwestern zurück. Ein Jahr später erwarb der Orden die Gebäude vom Freistaat Bayern und führte darin mehrere pädagogische Einrichtungen wie Kindergarten, Hauswirtschafts-, Näh-, Landfrauen- und Mädchenrealschule. 1987 erwarb die Erzdiözese München und Freising die Gebäude. Unter deren Trägerschaft ist heute in den Gebäuden eine Realschule und eine Fachoberschule untergebracht. 1995 verließen die barmherzigen Schwestern aufgrund Nachwuchsmangel das Kloster.
Das jahrhundertelange Wirken der Augustiner Chorherren in geistlicher, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht, und das der Barmherzigen Schwestern auf schulischem Gebiet wirkt bis in unsere Zeit nach.