Wie alt sind die drei Siedlungen der Altgemeinde? Mit Ausnahme des jungen Neusreuth sind Hirtlbach und Hörgenbach Altsiedlungen, die sicherlich auf das 8. Jahrhundert zurückgehen. Dafür sprechen archäologische Geländedenkmäler: Im Weiherholz liegen vier vorgeschichtliche Grabhügel unklarer Zeitstellung. Vermutlich handelt es sich um Gräber der keltischen Hallstattzeit.
Neusreuth wurde im Jahre 1817 gegründet. Der königliche Lehrer Sternegger der Schule Hof schreibt in seinen Aufzeichnungen vom 04. Februar 1817: „… Eva Neus, Neusenried (Neusreuth): Schon im Jahre 1816 besuchten die Neusischen Kinder (Happach) die hiesige Schule. Da es die tätige Lokalschulinspektion Kleinberghofen nicht gelten ließ, mussten sie wieder in ihre Schule (Kleinberghofen). Im Jahre 1817 kaufte sich ihr fleißiger Vater Anteil im Hofner Holze, baute sich eine Wohnung und so glückte es ihm, ohne Weitläufigkeiten der Schule Hof beigereicht zu werden.“
Die erste sichere Nennung Hörgenbachs verdanken wir dem Geschlecht der Eisenhofer und dem Stift Indersdorf. 1334 stellte die Familie des Ritters Eberhardt von Eisenhofen zu Hof ihren hoff daz Hörgenbach, den der Aubinger da pawt (= bewirtschaftet), dem Stift Indersdorf als Sicherheit. In der Folgezeit gingen alle drei Höfe in Klosterbesitz über. Von 1466 bis 1783 befand sich der Weiler im Besitz des Stifts Indersdorf. Das vierte kleine Anwesen (Haus-Nr. 32), ursprünglich ein Leerhäusl, entstand erst 1725 auf Grund der Pfarrkirche St. Valentin zu Hirtlbach.
Die Urkunde, in der Hirtlbach erstmals erscheint, ist ohne Datum. Sie wird auf die Jahre zwischen 1150 und 1160 datiert. Die Urkunde verrät einiges über die Gesellschaft der Zeit. Der Adel des Mittelalters stiftete aus Sorge um sein Seelenheil Grundbesitz an die Kirche und erhielt dafür Jahrtage und Grabstätten in den Kirchen. Als Zeugen einer solchen Seelgerätstiftung für das junge Stift Indersdorf tauchen um 1150 Abrecht Zant et filius ejus (= und sein Sohn) de Hurtelbach auf.
Es drängt sich die Frage auf, ob es eine Burg oder burgähnliche Anlage in Hirtlbach gegeben hat. Der Ortskundige verweist sofort auf den Bibereckberg und den Bibereckeracker. Noch heute ist diese dreieckige Abschnittsbefestigung oder Schanze deutlich zu erkennen.
Wie ist der Ortsname Hirtlbach zu deuten? In der frühesten Form lautet er eindeutig Hurtelbach. Die Ortsnamenforschung deutet den Namen heute als „Siedlung am Bach mit Flechtwerk aus Weiden oder Reisig“. Ob mit dem „Bach“ der heutige „Dorfgraben“ gemeint ist, bleibt unklar.
Im Hochmittelalter war Hirtlbach ein Weiler aus wohl nur drei bis vier Höfen. Zu einem unbekannten Zeitraum begann im Spätmittelalter die sogenannte Verdorfung: Als 1423 Offnay (= Euphemia) Püchler zu Arget, eine Tochter Rapots von Eisenhofen zu Egenhofen, aus ihrem väterlichen Erbe zugunsten des Stifts Indersdorf auf Vogteirechte verzichtete, ist neben einem Hof (sicher der Krimmer) bereits von einer Hofstatt und einem Gütlein die Rede.
Um 1500 bestand das Dorf bereits aus 23 Anwesen, und zwar aus drei Ganzhöfen, einem Halbhof (Hufe) und aus 19 Sölden.
Ein Scharwerksregister von 1589 nennt zwei ganze Höfe, zwei Halbhöfe, 16 Bausölden und neun Leerhäuser, also 29 Anwesen. Zwischen 1500 bis 1760 vergrößerte sich das Dorf um sieben, von 23 auf 30 Anwesen.
Die beiden größten Bauernhöfe, der Krimmer und der Pflanzelter, gehörten dem Stift Indersdorf, in dessen Besitz sie sicher seit 1330 nachweisbar sind. Der Hofname Krimmer ist 500 Jahre alt! Auf dem Hof lässt sich seit 1364 die Bauernfamilie Eberwein nachweisen. Da die Familie bis nach 1600 im Dorf lebte, gehört sie zu den ältesten Bauernfamilien des Dachauer Landes überhaupt.
Auch der Pfanzelter lässt sich seit dem Spätmittelalter mit der Besitzerfolge beobachten. Die Chorherren von Indersdorf besaßen neben den beiden Höfen noch vier Bausölden oder 1/8-Bauern, die man als Gütler bezeichnen darf: Dies waren die Oberhauser, der Mühlsimon, der Huber (heute Schuhhuber) und der mittlerweile abgerissene Badersepp (heute Kramer), alles in allem also sechs Anwesen.
Zur Hofmarksherrschaft Eisenhofen gehörten zwar 12 Anwesen, doch handelte es sich nur um Kleinstanwesen, nämlich um fünf Bausölden oder 1/8-Höfe (Seitz., Franzenschuster, Schuster und Maurer, abgegangen Schuhhuber) und sieben Sölderhäuser oder 1/6-Höfe (heute Sattler, Schadl, Wirt, Christl, Josl und Obermaier, abgegangen Schneider).
Die Pfarrpfründestiftung besaß nur eine Leersölde (Hausname Schwarz), die Pfarrkirchenstiftung dagegen zwei Halbhöfe (Siegl und Lenz) und sechs Bausölden (abgegangen Paps, Gastl = heute Kramer, Stoffl, Gütelmann = heute Sigl, Wolfl und Böck = heute Metzgerfranzl).
Der Valtl (heute Asam) reichte als Bausölde seine Grundzinsen an den Kurfürsten nach München. In bäuerlichen Eigenbesitz befanden sich der nicht mehr bestehende Talpeter und ein weiterer 1/16-Hof (Marxnschuster).
Die erste politische Gemeinde Hirtlbach wurde im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts geschaffen. Sie bestand 1852 aus insgesamt 77 Gebäuden, davon waren 26 Gebäude mit Stroh, die anderen mit Ziegeln oder Schiefern bedeckt.
Ein Jahr nach Ende des 1. Weltkrieges unterzeichnete die Gemeinde Hirtlbach am 26. März 1919 mit der „Amperwerke Elektricitäts-Aktiengesellschaft München“ einen Vertrag über die Lieferung von elektrischem Strom. Die erstmalige Stromlieferung für die Orte Hirtlbach und Hörgenbach erfolgte am 24. November 1919.
Im Zuge der Verwaltungsreform der siebziger Jahre sollten die Gemeinden mehr Befugnisse erhalten und es solten deshalb möglichst große Verwaltungen gebildet werden. Die Bürger von Hirtlbach wurden aufgerufen, in einer Abstimmung zu entscheiden, ob sie mit der Eingemeindung in den Markt Markt Indersdorf einverstanden wären. Zur Wahl am 05. März 1972 gingen 130 Wahlberechtigte. Mit „Ja“ stimmten 120, mit „Nein“ 9, eine Stimme war ungültig. Angesichts dieser Tatsache beschloss der Gemeinderat „die Eingliederung der Gemeinde Hirtlbach zum 01. Juli 1972 in die Marktgemeinde Markt Indersdorf“. So endet die 154-jährige Geschichte der Gemeinde Hirtlbach, die ihren dörflichen Charakter bis heute erhalten konnte.
Zur Geschichte der Pfarrei
Eine Pfarrei Hirtlbach wird erstmals 1315 genannt. Zu ihr gehörten ursprünglich neben Hirtlbach selbst Eisenhofen, Hof, Hörgenbach und Riedhof (bis 1914). Neusreuth kam als Neuordnung im 19. Jahrhundert hinzu. Die Pfarrer lassen sich seit 1383 mit wenigen Lücken verfolgen. Bekanntester Pfarrherr war der Domherr Veit Adam Freiherr von Gebeckh von 1609 bis 1615. Er erblickte am 10. April 1584 auf Schloss Arnbach das Licht der Welt. Die Vorliebe für Land und Leute um Arnbach veranlassten ihn, 1622 die Hofmark Eisenhofen zu erwerben. Der Schlossinhaber von Hof war der Patronatsherr der Pfarrei Hirtlbach, das heißt, er bestimmte, wer Pfarrer wurde. Dieses Recht hatte sich 1538 Dr. Leonhard von Eck vom Papst erwirkt.
Eine Nachricht ist für die Geschichte des Freisinger Fürstbischofs Johann Franz Eckher von Kapfing und Liechteneck (Sedenzzeit 1695/1696 – 1727) interessant. Pfarrer Eyerschmalz berichtet von einem Schreiben Hans Christoph Eckhers, fürstbischöflicher Pfleger auf Schloss Hof, vom 15. Juni 1674, worin er bat, dass sein Sohn Franz das erst hl. Messopfer in der Schlosskapelle feiern dürfe. Am 24. März 1674 war der damalige knapp 25-jährige Domherr Johann Franz Eckher zum Priester geweiht worden, seine Primiz feierte er am 25. Juni im Kloster Ettal. Als Bischof ließ er 1716 die Pfarrkirche St. Valentin im barocken Geschmack erneuern. Der Maurermeister war wohl der Hirtlbacher Johann Maurer und nach dessen Tod sein Schwiegersohn Johann Derffler.
St. Valentin ist der Patron der Pfarrkirche. Valentinustag ist der 07. Januar. Er war Missionar und Bischof und starb um 475 in Mais (Tirol). Seine Gebeine wurden drei Jahrhunderte später nach Passau überführt. Er ist dort Bistumspatron und wird bei Geisteskrankheiten (Epilepsie) und Viehseuchen angerufen.
Eine frühe Beschreibung der Pfarrei stammt vom 11. September 1560. Sie entstand anlässlich einer großen Visitation, des Bistums Freising. 1560 war Eustachius Balser, ein geborener Hohenwarter, Pfarrer und Dekan des Dekanats Hirtlbach. Er war ain erbarer allter mann und lebte mit einer Haushälterin zusammen, die aber im Gegensatz zu vielen Kolleginnen kein Kind vom Dienstherrn hatte. Auch die Kirchenpfleger meinten: Pfarrer ist aines erbern wandels. Die Pfarrei zählte 200 Kommunikanten, die des evangelischen Glaubens unverdächtig waren und katholisch lebten. Die paurn seind lässig mit dem opfer. Gemeint war die geringe Opfer- und Spendenbereitschaft. Es gab im Kirchtum bereits eine Uhr, die der Mesner richten musste.
Als 1996 Pfarrer Josef Lamprecht starb, war er der letzte einer langen Reihe von 34 nachweisbaren Pfarrern, die hier das Wort Gottes verkündigten. Mit ihm ging eine nachweislich siebenhundertjährige Tradition zu Ende.